Unternehmertum als ein Schlüssel für Zukunftslösungen

Warum Unternehmertum mehr ist als Wirtschaft – und wie Startups helfen können, Klima- und Zukunftsfragen zu lösen.

Dorothea Ringe, die das Cluster Unternehmerisch denken und handeln leitet, spricht im Interview darüber, warum Mut und Kreativität im Gründungsprozess entscheidend sind, welche Rolle die Joachim Herz Stiftung mit ihren Programmen spielt und was sich bis 2035 ändern sollte.

Liebe Dorothea, was fasziniert dich am Thema Startups?

Mich fasziniert, dass es darum geht, Probleme zu lösen – und zwar auf eine neue Art und Weise. Gebraucht wird ein neues Unternehmen nur, wenn es etwas besser macht als die Bestehenden. Hier lerne ich permanent dazu. Außerdem fasziniert mich der Mut, den Gründer:innen haben: Den Mut, anzufangen und auszuprobieren, Ideen auf die Straße zu bringen. Dieser Enthusiasmus überträgt sich auf das ganze Umfeld, das begeistert mich immer wieder. 

Gab es in den letzten Jahren eine Startup-Idee, bei der du dachtest: Wow – auf sowas wäre ich nie gekommen?

Ja, viele! Bei DESY habe ich Gründer:innen aus der Grundlagenforschung beraten. Viele haben es erfolgreich geschafft, ihre Forschungsergebnisse zu kommerzialisieren. Ein Team arbeitete zum Beispiel an einer Behandlungsmethode für Gehirntumore, ein anderes an der Krebsdiagnostik. Solche Themen entstehen auf der Basis von jahrzehntelanger Forschung. Immer wieder gibt es auch Ideen, bei denen viele skeptisch sind – und trotzdem setzen sie sich durch. Diese Vision zu haben, als Gründer:in zu sagen, „Doch, ich glaube daran“, das fasziniert wirklich. Und genau das ist, finde ich, der Charme von Unternehmertum.

“Staatliches Handeln allein reicht nicht. Es braucht unternehmerische Lösungen, und zwar bottom-up.”

Dorothea Ringe

Warum ist es wichtig, unternehmerische Talente zu fördern? Warum muss gegründet werden?

Wir stehen als Gesellschaft vor großen Herausforderungen: Denken wir an den Klimawandel oder die Ressourcenknappheit. Diese werden wir nur bewältigen, wenn wir die Problemlösungsfähigkeiten jeder Person aktivieren. Staatliches Handeln allein reicht nicht. Es braucht unternehmerische Lösungen, und zwar bottom-up. Dafür benötigen wir die Kreativität und das Durchsetzungsvermögen kluger Köpfe sowie den Rahmen, dass Startups entstehen und skalieren können. Wenn es uns gelingt, dass solche Technologien groß werden und wir die Innovationsökosysteme dafür schaffen, lässt sich im Bereich Nachhaltigkeit ein riesiger Impact erzielen. 

Welche Rolle spielen Innovationsökosysteme im Detail?

Die Impossible Founders bei der Verkündung des Zuschlags im Wettbewerb der Startup Factories.

Je enger die Netzwerke zwischen Wissenschaft, Industrie, Kapitalgeber:innen, Stiftungen, Startups und öffentlicher Hand in einem Innovationsökosystem geknüpft sind, desto schneller kann sich Innovation verbreiten und desto wahrscheinlicher entstehen neue Ideen. Nehmen wir den Wettbewerb der Startup Factories: Dadurch haben die Hochschulen aufgehört, nur darüber nachzudenken, was sie als einzelne Institution erreichen können und binden stattdessen weitere Partner in der Region ein. 

Das war ein wichtiger Impuls, der viel Energie freigesetzt hat. Der zweite Impuls, den der Bund damit gesetzt hat und was auch generell entscheidend ist, war die Vorgabe, nur dann zu fördern, wenn privates Kapital eingebracht wird. So sind die Public-Private-Partnerships überhaupt erst in Gang gekommen. An vielen Stellen ist es so: Ein Förderprojekt startet, läuft eine Zeit und endet dann wieder. Danach startet ein neues Projekt. Die Hoffnung, die ich jetzt habe, ist, dass mit den Startup Factories an vielen Standorten nachhaltigere Strukturen entstehen , die über lange Zeit bestehen bleiben. 

Die Hamburger Startup Factory Impossible Founders wird gezielt innovative Ausgründungen aus der Wissenschaft im Bereich „Deep Tech“ fördern, mit einem Fokus auf Grüne Technologien sowie die Entwicklung Neuer Materialien in Verbindung mit KI und Data Science. 

Die Aufgaben sind u. a.:  Studierenden und Forschenden unternehmerisches Know-how vermitteln, innovative, wachstumsorientierte Ausgründungen über alle Phasen der Unternehmensentwicklung hinweg unterstützen und bei der Rechtesicherung des IP-Transfers zu gründungsfreundlichen und schnellen Lösungen beitragen.

Du leitest das Cluster „Unternehmerisch denken und handeln“. Was möchtest du mit deinem Team erreichen?

Unser Ziel ist, dass mehr junge Menschen in Deutschland ihr unternehmerisches Talent entdecken und dass unternehmerische Ideen häufiger umgesetzt werden –  vor allem aus der Wissenschaft heraus. Wir möchten erreichen, dass mehr Innovationen und Forschungsergebnisse mit gesellschaftlichem Impact in die Anwendung gelangen. Wir möchten dabei neue Wege gehen und herausfinden, wie systemische Veränderungen erreicht werden können.

Wie gründe ich ein Startup? Was macht ein erfolgreiches Unternehmen aus? Entrepreneurship Education vermittelt jungen Menschen das Wissen, die Fähigkeiten und die Motivation, unternehmerische Ideen zu entwickeln und in die Tat umzusetzen.
 

Unsere Angebote

Wie sieht die Förderstruktur dafür aus?

Wir haben zwei Schwerpunkte in unserem Cluster: Entrepreneurship Education und Innovationsökosysteme. Bei ersterem geht es darum, junge Menschen für ein unternehmerisches Mindset zu sensibilisieren und hierfür gezielt Kompetenzen zu vermitteln. Im Bereich Innovationsökosysteme arbeiten wir daran, regionale und nationale Strukturen gezielt zu stärken und fördern unter anderem die Startup Factory Hamburg, die Impossible Founders.
 

Greifen diese zwei Schwerpunkte ineinander?

Es ist so: Die beste Entrepreneurship Education ist Learning by Doing –  also gründen und eigene Erfahrungen sammeln. Insofern ist jede Art von Startup-Unterstützung gleichzeitig eine Art von Entrepreneurship Education. Bei den Impossible Founders etwa werden Studierenden an Hochschulen projektbasierte Kurse angeboten, bei denen sie ihre unternehmerischen Interessen vertiefen können. Im besten Fall führen diese Kurse dazu, dass die Studierenden ihre Projekte in die Praxis umsetzen. Ziel ist, dass alles unter einem Dach stattfindet: Neuankömmlinge treffen mit ihren Ideen auf Menschen, die in der Gründung bereits einige Phasen weiter sind. 

Wenn du visionär nach vorn blickst – sagen wir auf das Gründungsökosystem in Deutschland im Jahr 2035: Was würdest du dir wünschen oder vorstellen?

Ich würde mir für den Bereich Entrepreneurship Education wünschen, dass idealerweise jeder junge Mensch in der Schul- oder Studienzeit mit dem Thema Gründen und Unternehmertum in Berührung kommt – vielleicht sogar mit der Chance, das praktisch auszuprobieren. Wenn das gelänge, hätten wir an Hochschulen und in der Forschung eine ganz andere Ausgangslage, weil bereits erste Erfahrungen vorhanden wären. So ließen sich viele unternehmerische Talente wecken, die heute noch unentdeckt schlummern.

Als zweites wünsche ich mir, dass kein Startup in Deutschland daran scheitert, weil passende Rahmenbedingungen und unterstützenden Strukturen fehlen. Gründer:innen sind derzeit häufig mit systemischen Herausforderungen konfrontiert, die sie daran hindern, ihre Visionen und Ziele zu verwirklichen. Da wären etwa der Mangel an Wachstumskapital für die Skalierung, eine gründungsunfreundlichen Regulierung und Bürokratie sowie institutionelle Silos innerhalb der Innovationsökosysteme. Dabei verfügt Deutschland grundsätzlich über die nötigen Voraussetzungen: exzellente wissenschaftliche Kompetenzen, eine leistungsfähige Infrastruktur und engagierte Talente. 

Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir als Joachim Herz Stiftung daran, diese Potenziale zu heben und die Strukturen für Startups in Deutschland zu verbessern. Ich wünsche mir, dass Startups in Deutschland nicht nur entstehen, sondern auch langfristig Wirkung entfalten und zu erfolgreichen Unternehmen heranwachsen können.

Startup-Support und Innovationsökosysteme


Unser Ziel ist es, dass mehr Startups in Deutschland entstehen können. Als Stiftung können wir dabei helfen, Rahmenbedingungen von Gründer- und Innovationsökosystemen zu verbessern. Klassische Startup-Förderung oder Venture Capital-Finanzierung gehören nicht dazu. 

Wir sind auf der Suche nach Projekten, die institutionell und strukturell neue Wege gehen wollen.

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