Wissenschaftliche Zusammenarbeit
Was ist Systembiologie? Wie können Methoden und Ansätze der Systembiologie die Forschung in der Infektionsbiologie voranbringen? Diese Kernfragen standen im Mittelpunkt des ersten internationalen Symposiums des CSSB (Centre for Structural Systems Biology), das vom 9. bis 11. April 2015 am Bernhard Nocht Institut für Tropenmedizin in Hamburg stattgefunden hat. Unter dem Titel „Systems in Infection Biology: From Molecules to Organisms“ wurde nach interdisziplinären Ansätzen und möglichen Synergien der drei Bereiche des CSSB – System-, Infektions- und Strukturbiologie – gesucht.
Geprägt war das Symposium, das in Kooperation mit der Joachim Herz Stiftung organisiert wurde, von Beginn an durch einen intensiven wissenschaftlichen Dialog und engagierte Diskussionen. Matthias Wilmanns, wissenschaftlicher Direktor des CSSB, betonte in seiner Begrüßungsrede, dass das “Zusammenbringen” der Forschungsbereiche unter anderem bedeute einander zuzuhören, voneinander zu lernen und zusammenzuarbeiten.
Systembiologie, Schiffe und Synchrotrone
Andrea Pauline Martin, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Joachim Herz Stiftung, ergänzte in ihrer Begrüßung “Wir sind überzeugt, dass die interdisziplinäre Forschung in der Systembiologie völlig neue Erkenntnisse für die Biowissenschaften bereit hält. Deswegen unterstützen wir das neue Centre for Structural Systems Biology in Hamburg. Mit seinem interdisziplinären Schwerpunkt trägt bereits das heutige Symposium dazu bei, über den Tellerrand der jeweiligen Forschungsbereiche zu blicken und gemeinsam neue Wege bei der Bearbeitung bestehender Fragestellungen einzuschlagen“.
Internationale Experten der drei Forschungsbereiche tauschten während des Symposiums ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus. Auf dem Programm standen Vorträge über verschiedene Fachgebiete der Systembiologie wie beispielsweise die Verwendung von Daten, um Interaktionen zwischen Erreger und Wirt zu verstehen oder biotechnologische Anwendungen. Highlights waren u.a. die Ausführungen von James Galagan (Universität Boston) über „The mapping and modeling of microbial cellular networks“ sowie der Vortrag von Patrick Cramer (Max Planck Institut für Biophysikalische Chemie, Göttingen) über „Integrated structural biology of genome transcription“. Viele Denkanstöße führten im Anschluss an die Vorträge zu einem regen Meinungsaustausch zwischen den Referenten und Zuhörern.
Auch während der Pausen genossen die Symposiums-Teilnehmers bei einer Tasse Kaffee neben der schönen Aussicht auf das rege Treiben des Hamburger Hafens die Möglichkeit für intensive Gespräche und den Erfahrungsaustausch.
Am Donnerstagabend besichtigten die Teilnehmer das DESY-Gelände. Mitarbeiter des Europäischen Labors für Molekular Biologie (EMBL) führten durch die Forschungseinrichtung von PETRA III und erläuterten die Technologien der Messstationen und die Möglichkeiten für Proteinpräparation und Kristallisation.
Chancen für junge Wissenschaftler
Am Freitagabend präsentierten Doktoranden und Promovierte ihre aktuelle Forschung in einer Poster-Session.
Bis spät abends wurde angeregt über die Arbeit der jungen Wissenschaftler diskutiert und die Gewinner der drei Posterpreise ausgewählt, die Jörg Maxton-Küchenmeister, Bereichsleiter Naturwissenschaften der Joachim Herz Stiftung, zum Abschluss des Symposiums bekannt gab: Tobias Thöni (UKE, IMBA), Michael Heymann (DESY, CFEL) und Eike Schulz (EMBL).
Die Zukunft der Systembiologie
Das Symposium klang mit einer lebhaften Podiumsdiskussion, moderiert von Thomas Marlovits (Gruppenleiter am CSSB) aus. Thematisiert wurden dabei sowohl das Potential als auch die Grenzen der Systembiologie: Die Podiumsteilnehmer James Galagan, Edda Klipp (Humboldt-Universität zu Berlin), Wolf-Dietrich Hardt (ETH Zürich) und Joel Sussman (Weizmann Institute of Science in Rehovot/Israel) diskutierten wie sie die Methoden der Systembiologie in ihrer eigenen Forschung einsetzen und warfen einen Blick in die Zukunft des Forschungsbereichs.
Wolf-Dietrich Hardt erklärte, dass die Systembiologie mit ihrem iterativen Prozess aus Modellbildung und der Erzeugung möglichst vollständiger Daten, Hoffnung gibt, der Realität näher zu kommen. James Galagan betonte die Notwendigkeit, die richtigen inhaltlichen Fragen zu stellen, um Modelle zu entwickeln und Edda Klipp hob die Bedeutung offener Kommunikation hervor.
Matthias Wilmanns fasste abschließend zusammen, dass durch das 1. CSSB Symposium die Relevanz der interdisziplinären Forschung und das enorme Potential der Kombination von System-, Struktur- und Infektionsbiologie noch einmal deutlich wurde und den Startschuss für eine internationale, fächerübergreifende Zusammenarbeit auf diesem Gebiet geben konnte. “Wir freuen uns bereits jetzt darauf, 2017 Gastgeber des kommenden Symposiums zu sein, das dann im Hörsaal des neuen CSSB-Gebäudes stattfinden wird.”