Hirosi Ooguri erhält Hamburger Preis für Theoretische Physik Die Bausteine der Welt entdecken
Ooguri ist Professor am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena (USA). Er ist einer der weltweit führenden Experten der sogenannten topologischen Stringtheorie, die sich mit mathematischen Aspekten der Superstringtheorie beschäftigt – einem wichtigen Pfad hin zu einer allumfassenden Theorie über die Natur unseres Universums.
Der Hamburger Preis für Theoretische Physik wird von der Joachim Herz Stiftung gemeinsam mit dem Wolfgang-Pauli-Centre der Universität Hamburg, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY sowie dem Hamburg Centre for Ultrafast Imaging der Universität Hamburg vergeben. Er ist einer der am höchsten dotierten Wissenschaftspreise in Deutschland. Die Preisverleihung findet am 7. November 2018 im Hamburger Planetarium statt.
ÜBER HIROSI OOGURI
Der 1962 in Gifu geborene Ooguri machte 1984 seinen Bachelor-Abschluss und 1986 seinen Master-Abschluss an der Universität Kyoto. Innerhalb von zwei Jahren promovierte er an der Universität Tokio. Von 1989 bis 1990 arbeitete er als außerordentlicher Professor für Physik an der Universität Chicago, gefolgt von einem vierjährigen Aufenthalt an der Universität Kyoto als außerordentlicher Professor für mathematische Physik. 1994 kehrte Ooguri als Professor für Physik an der University of California Berkeley in die Vereinigten Staaten zurück. Von 1996 bis 2000 war er leitender Wissenschaftler am Lawrence Berkeley National Laboratory. Er kam im Jahr 2000 als Professor für theoretische Physik an das Caltech. Dort ist er Fred-Kavli-Professor und Direktor des Walter-Burke-Institutes für Theoretische Physik. Zugleich ist er Leiter des Kavli-Instituts für Physik und Mathematik des Universums an der Universität Tokio. Seit kurzem ist er außerdem Präsident des Aspen Center for Physics.
Für seine Arbeiten erhielt Ooguri zahlreiche Auszeichnungen. Er ist Fellow der American Academy of Arts and Sciences und der American Mathematical Society. Er erhielt den 2008 den ersten Leonard-Eisenbud-Preis für Mathematik und Physik der American Mathematical Society, den Chunichi Cultural Award, den Nishina Memorial Prize und einen Simons Investigator Award.
DIE SUCHE NACH DER „THEORIE VON ALLEM“
Seit der Entwicklung der Quantenmechanik vor gut einem Jahrhundert hat die Physik ein gutes Verständnis für die Natur der kleinsten Bausteine des Universums und für das Verhalten des Kosmos insgesamt entwickelt. Unsere Welt ist aus Atomen aufgebaut, in denen Elektronen um einen Kern „kreisen“. Dieser Atomkern wiederum setzt sich aus Protonen und Neutronen zusammen. Doch auch hier ist noch nicht Schluss: Die Protonen und Neutronen bestehen aus je drei sogenannten Quarks. Wie all diese Bausteine miteinander in Wechselwirkung treten, beschreibt die Elementarteilchenphysik. Allerdings versagt das Standardmodell der Teilchenphysik noch, wenn es darum geht, die Schwerkraft zu erklären. Sie wird seit fast hundert Jahren sehr präzise mit der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein beschrieben. Eine allumfassende Theorie jedoch, eine „Theory of Everything“, müsste beide physikalischen Phänomene zugleich beinhalten.
STRINGS WEISEN DEN WEG
Der wohl vielversprechendste Ansatz für eine solche allumfassende Erklärung ist die Superstringtheorie. Sie wird seit den 1980er Jahren intensiv verfolgt. Die Grundidee: Die Elementarteilchen sind keine punktförmigen Teilchen ohne räumliche Ausdehnung, sondern Strings – kleine schwingende Saiten, etwa wie Gummibänder. Mathematisch lässt sich folgern, dass sich diese Strings nicht nur in einem dreidimensionalen Raum ausdehnen, sondern mindestens neun räumliche Dimensionen haben müssen. In unsere dreidimensionale Welt passen sie trotzdem: Denn die Strings sind in sechs dieser Dimensionen in ganz kleine Bündel aufgerollt, sodass in der menschlichen Wahrnehmung – und auch allen bisherigen physikalischen Messungen – nur die bekannten drei Raumdimensionen und die Zeit erscheinen. Mit diesen Konstrukten, so die Hoffnung der Wissenschaftler, lässt sich die Physik zur „Theory of Everything“ zusammenfassen.
Ooguri erforscht die mathematische Struktur dieser Strings. Daraus lassen sich auch Folgerungen für eine ganze Reihe anderer Gebiete der Physik ableiten. So kann man beispielsweise die sogenannten Quark-Gluon-Plasmen mit den von Ooguri vorangebrachten mathematischen Methoden gut beschreiben. Solche Plasmen entstehen unter extremen Bedingungen in Teilchenbeschleunigern oder in besonders energiereichen Prozessen im Weltraum. Sie sind außerdem für die Kosmologie hochgradig relevant. Denn nach der gängigen Urknalltheorie bestand unser Kosmos in den ersten Bruchteilen von Sekunden aus einem solchen Quark-Gluon-Plasma.